Research 2008

Research 2008

Guy Cools & Lin Snelling
Coching Project: Repeating Distance

© Michael Reinhart
Coaching Project
Week 1, 14.7.–18.7.2008
10:00–16:00
PB Zoll
Repeating Distance Die in Montréal ansässige Choreografin Lin Snelling und der belgische Tanzdramaturg Guy Cools lernten einander bei dem Improvisationsprojekt „Blind“ des flämischen Choreografen Alexander Baervoets kennen, an dem Lin teilnahm und das bei Vooruit Danse en Avant zur Aufführung kam und von Guy Cools kuratiert wurde. Aufgrund gegenseitiger Faszination für die beiden Heimatstädte - Antwerpen und Montreal - trafen sie sich in Studios beider Städte, um einen Nährboden für die Verschmelzung von Bewegung und Text, dem Körper und dem Auge von Außen, zu finden. Repeating Distance, ein improvisierter Dialog, ist Resultat aus Residencies im Arts Centre Monty in Antewerpen und Fondation Jean-Pierre Perrault and Studio 303. Im Mai 2005 wurde es 15 Mal in nur 3 Tagen einem großen Publikum als Teil des Body Walks-Projektes in Brugges präsentiert. In Workshops in Toronto und Montréal wurde am Unterrichtspotential für Performer und Choreografen weitergearbeitet. Als künstlerisches Projekt erforscht Repeating Distance: - neue Wege, Sprache und Bewegung zu bearbeiten; - den Umwandlungsprozess von Präsenz und Fluidität des beweglichen und hoch trainierten Körpers des Tänzers und des verbal ausgeprägten Bewusstseins und der körperlichen Ökonomie des Dramatugen; - wie man örtliche, urbane Gegebenheiten und den eigentlichen Performanceraum als Quelle für eine nichtlineare Form des zeitgenössischen Erzählens nutzt; - wie man ein kollektives Repertoire entwickelt und Bewegung, Bilder, Geschichten speichert, um sie dann in der improvisierten Performancesituation anwendet; - Zeit und Raum, in dem die genau strukturierte Probensituation mit der tatsächlichen grobstrukturierten Performancesituation ausgewogen wird. Wir beobachten genauestens, wie sich der Körper bewegt und studieren seine Schreibweise. Dies ist ein langsamer Prozess, der die Erfahrungen aus „Spaziergängen“ und in weiterer Folge aus der Erinnerung daran verknüpft. Woran wollen wir uns erinnern? Und weshalb? Und wie vor allem äußert sich diese Erinnerung in der aktuellen Situation? Während wir spazieren gehen und uns erinnern entdecken wir die überwältigendste Erfahrung: die Verlangsamung und die Offenbarung. Wir lassen den Körper schreiben und bewegen das Wort. In unserer Arbeit als Tänzer ist der Körper das Wort. Jedes einzelne ist in seiner Essenz ist schon von Natur aus poetisch, sehr paradox, mysteriös und anwendbar; eine Art Intelligenz, die von Poesie erfasst und von Bewegung hervorgerufen wird. Diese Intelligenz erfordert eine ausgeklügelte Art und Weise der Bewegungswiederholung, um diese zu verfeinern und zu edieren… eine Methode, die Reduktion beinhaltet… auf dass Worte und Bewegungen mit Energie geladen werden und dem Zuschauer die Möglichkeit gegeben wird sich zu erinnern und in einen empfindsamen Dialog mit dem Ort zu treten. Wir wiederholen Distanz, so dass jeder Zuschauer seine eigene Vorstellungskraft entwickeln kann. Wir lenken dier unzähligen fließenden Verbindungen, die in unserem Körper, in unserem Geist und in der Seele einer Stadt bestehen, die unter ständigem Einfluss von Tages- und Jahreszeit wie auch den Jahren steht. Das Timing einer Stadt ist das zufällige Aufeinandertreffen von Leben… jedes einzelne schlängelt sich durch das Gewebe eines Tages. Die Fäden sind sehr fein und abhängig von Routine, Bedürfnissen, Existenz, Gelegenheiten und Zufällen. Genauso wie der menschliche Körper; ebenso ein Wunder an gutem Timing und Zufall; eine flüssige Wirklichkeit mit Herzschlag; etwas Selbstverständliches und ebenso ein Wunder; ein bewusstes und unbewusstes Paradoxon. Repeating Distance als Unterricht lehrt: für Performer: - Stimme und Bewegung zu verflechten - Improvisation von Sprache und Bewegung auf nichtlinearer, erzählerischer Ebene - ein geschärftes Bewusstsein von Zeit und Raum in einer Performance zu entwickeln - das eigene tägliche Dasein als Kreationsquelle zu nützen für Choreogafen: - Improvisation als Mittel um choreografisches Material zu entwickeln und um damit die Möglichkeit, ihr Stück lebendig und präsent zu halten - mit ausgebildeten und nicht ausgebildeten Körpern und Performern zu arbeiten - Zuschauen als bedeutendes theatralisches Mittel zu integrieren für nicht professionelle Tänzer: - ihren Körper und sein Erinnerungsvermögen als Kreationsquelle für körperlichen als auch verbalen Ausdruck zu entdecken Guy Cools Ausgebildeter Theaterdramaturg, der sich schon in den 1980er Jahren, in sehr jungem Alter mit neuen Entwicklungen im Tanz in Flandern beschäftigte. Vorerst Tanzkritiker und seit 1990 Theater- und Tanzdirektor am Arts Centre Vooruit in Gent (Belgien). Dort arbeitete er unter anderem mit Choreografen wie Alain Platel und Sidi Larbi Cherdaoui (Les Ballets C de la B), Michèle Anne De Mey, Karin Ponties, Cesc Gelabert, Angels Margarit, Marie Chouinard, Lynda Gaudreau, Jonathan Burrows, Akram Khan, Iztok Kovac, Caterina Sagna uvm zusammen. Als Vice-Präsident des Tanzkollegiums beeinflusste er die flämische Tanzgemeinschaft auf kulturpolitischer Ebene mitbeeinflusst. Er war Kurator bei Tanzevents in Frankfurt, Düsseldorf, Venedig and Montréal. Kürzlich widmete er sich wieder seiner alten Leidenschaft, dem Unterrichten und Schreiben, dem Leiten von Workshops und Lehrveranstaltungen und dem Veröffentlichen in Belgien, Kanada, Großbritanien, Deutschland und Griechenland. Seit September 2005 lebt er in Montréal, wo er hauptsächlich als Tanzdramaturg mit Künstlern wie Koen Augustijnen und Sidi Larbi Cherkaoui (Les Ballets C de la B), Danièle Desnoyers, Akram Khan und Sara Wookey, arbeitet. Repeating Distance ist sein Debut als Tänzer. Lin Snelling Lin Snelling arbeitet ständig an der Weiterentwicklung ihrer Recherche über die Einbeziehung von Körperarbeit in Tanz ebenso wie das gesprochene und geschriebene Wort, sowie an Performances und Lehrtätigkeit für Improvisation. Lin war Performerin bei der Kompanie Carbone 14 (1989-2001), mit der sie sowohl international als auch national intensiv auf Tournee war. Ihr Interesse für multidisziplinäre Kunst und das Neu-Erfinden bereichern ihre zahlreichen Choreografien; so wie zum Beispiel Woman as Landscape (1999) und Circle (2002) in Zusammenarbeit mit Michael Reinhart und Josée Gagnon, Words Will Be Spoken/Echo mit Hetty King (2000) and IAMMYOWNRAIN (2001) mit Chantal Lamirande. Weiters arbeite sie mit einigen Choreografen und Regisseuren in Toronto, Montreal, Vancouver und in Europa. Im Frühling 2003 teilte sie die Bühne bei l’Agora de la Danse mit Andrew Harwood und Alexander Baervoets, bei Blind geteilt, ein Stück von Baervoets und Teileines Events bei Vooruit Danse en Avant. Zwei ihrer neueren Werke sind: Limbes/Limbo mit Nathalie Claude und Momentum, and extinction, eine Zusammenarbeit mit Michael Reinhart, aufgeführt 2004 bei Usine C. Die zusammenarbeit mit Guy Cools Repeating Distance befasst sich mit dem Gehen, dem Sprechen und der Stadtarchitektur als Leitbild für Verwundbarkeit und Hoffnung.
Guy CoolsLin Snelling