Ibrahim Quraishi
Body Sexuality / Physical Extremes
© Diego Agulló
Coaching Project
Week 1, 20.7.–24.7.2009
13:00–19:00
SSH PB
Sexuality_Self Censorship_Extremities
Wir alle haben ein allgemeines Verständnis für sexuelle Normen und deren Verhältnis zu ihrer Betrachtungsweise auf- und abseits der Bühne, während wir versuchen mit unserem Verständnis für dargestellte Sexualität und unserer Definition von Extremen zu spielen. Dieses Coaching Project wird untersuchen wie wir in der zeitgenössischen Realität unterbewusst mit Pornografie spielen, aber Angst haben diese jenseits der üblichen moralischen Paradigmen anzusprechen. Beinhaltet ist eine historische Recherche über Sexualität aus weiblicher und männlicher Perspektive in Bezug auf die zeitgenössische Pop-Kultur. Wir arbeiten an verschiedenen physischen Situationen und erforschen den Prozess einen Körper zu lesen oder als Symbol zu verwenden.
Wir beginnen damit, uns gegenseitig die Schambehaarung zu rasieren, einem alten beduinischen Brauch aus der arabischen Wüste, der sowohl von Frauen als auch Männern praktiziert wird. Wir werden die Hure, den Zuhälter, die Prostituierte in jedem von uns und unseren Kunden finden. Wir erweitern die Beschränkungen unserer anerzogenen Definitionen von Intimität und öffentlichem Voyeurismus. Bewusst werden wir eine Sammlung individueller physischer Sprache, die unseren Clichés von dargestellter Pornografie nahe steht, neu erstellen und mit einer Datenbank spezifischer Codes füllen, die unser physisches Gedächtnis steuert.
Wir gehen auf die Strasse und finden „Arbeit“, folgen dabei jedem Teilnehmer mit der Kamera. Wir erstellen einen kleinen experimentellen Rotlichtbezirk innerhalb der ImPulsTanz Räumlichkeiten in dem wir versuchen die spezifischen Unterschiede zwischen z.B. ukrainischen, polnischen oder palästinensischen Prostituierten herauszufinden. Wir versuchen eine Grenze der Legalität für den Handel mit Frauen und Männern als Ware festzulegen. Ebenfalls untersucht wird das „Lover Boy“-Phänomen, in Bezug auf das Umwerben blonder, blauäugiger Mädchen durch dunkelhäutige türkische oder marokkanische Jungen, oder wie verweiblichte ostasiatische junge Männer hinter dem Geld älterer weißer Männer her sind.
Wir brechen politische Korrektheit im Umgang mit unseren Körpern und durchleuchten unsere Strategien für die Entwicklung von „erleuchtetem Bewusstsein“ in Bezug auf die Normalität unserer dargestellten Sexualität. Verwendet wird der bahnbrechende Text „happy Hooker“ von Xavira Hollander und wir konzentrieren uns natürlich auf unsere eigene Körperlichkeit und sexuelle Strahlkraft (Sex sells) im Prozess unserer eigenen Präsenz.
Schlussendlich werden wir aktiv mit Kostümierungen verschiedener ritueller und religiöser Traditionen spielen, um unseren darstellerischen Marktwert zu finden um dann endlich, mit all diesem im Gepäck werden wir „tanzen“.
Ibrahim Quraishi gehört zu einer neuen Generation von Machern, die unser Verständnis darstellender Performance im Zusammenhang mit kulturellen Ansichten auf die Probe stellen. Als einer der Gewinner des ersten Ö1 Prix Jardin d'Europe Preises 2008 für seine Installation „Islamic Violins“ bei ImPulsTanz untersucht Quraishi bewusst die Dynamik von Migration, Enteignung, und Zusammenleben innerhalb der höchst lebendigen sozialpolitischen Sphären imaginärer Gemeinschaften im Kontext darstellender Kunst und Performance, während er mit der Spannung der komlpexen Realität und unserem Verlangen nach Vereinfachung spielt. Bedingt durch seine nomadische Lebensweise verbringt er seine Zeit in New York und Amsterdam und vermeidet dabei die konventionellen Regeln der Verbindlichkeit in Forschung, Lehrtätigkeit und dem Schaffen von Werken für u.a. MASS MoCA (Massachusetts Museum of Contemporary Art), National Museum of Singapore, The Kitchen (New York), Japan Foundation (Tokyo), Holland Festival (Amsterdam), iDANS Istanbul, Springdance (Utrecht), BAM (Brooklyn Academy of Music Next Wave Festival New York), Frascati (Amsterdam), Asia Society (New York), Biennale Bonn 08.
Auf Forschungsebene, abseits der Arbeit an kleinen Projekten über erzwungene Architektur und rituelle Performance in Süd- und Zentralasien für die Beacon House Universität und Saatliche Tehaterschule in Neu Delhi, hat er am Open Society Institutes Intercultural Dialogue Seminar in Duchanbe, Tajikistan teilgenommen. Er spricht die Beziehungen der Zivilgesellschaft zur kulturellen Performativität an und arbeitet gleichzeitig mit Künstlern aus der Mongolei, Usbekistan, Aserbeidschan, Armenien,Turkmenistan und Kirgisien. Er war eingeladen als Gastredner und Dozent an der Universität der Künste Berlin, SNDO (The Dutch School for New Dance Development, Amsterdam), AHK in Amsterdam, The Berkshire Conference at Williams College Clark Arts Institute (MA), International Center for Photography (New York), Universität Utrecht, Vera List Center an der New School New York, Kyoto Universität für Kunst und Design, PSi Conference at Brown University (RI), Montclair College (New Jersey), MQ-Tanzquartier Wien, SEAD Salzburg Experimental Academy of Dance, Université de Paris 8, Université de St. Denis, C.R.O.U.S. in Paris, Gerrit Rietveld Acadamie (Amsterdam) und The Arab Dance Forum (Beirut).
Quraishi ist ein ehemaliger Student von Edward W. Said an der Columbia Universität, N.Y.
Ibrahim Quraishi