Jeremy Xido
Coaching Project: Piracy & Tour-Guiding: Cooptive Realities
© Chris Sheller
Coaching Project
Week 3, 28.7.–1.8.2008
10:00–16:00
VOP2
Piracy and Tour-guiding (Co-optive Realities)
Das Entwerfen von Möglichkeiten, um die Wirklichkeit für den persönlichen Vorteil zu nützen, wird in diesem Workshop erarbeitet. Wir analysieren, experimentieren und kreiieren Performances und Installationen, die nur an diesem ort stattfinden können und lassen sie in aller Welt aufeinander los. Durch das Verwenden verschiedener Ausdrucksmedien legen wir eine Reihe von Arbeitsweisen fest, die zum Verständnis und zur Schaffung einer Kunstform führen, die wir Co-opts (Hinzuwählen) nennen. Dies sind Kunstwerke im öffentlichen Raum, die mit der Wirklichkeitswahrnehmung spielen und diese abwandeln, um sie zu verändern, zu krümmen und sie als primäres Element bei der Kreation eines Kunstwerkes bzw. des Ausdrucks anzuwenden. Mit Ausdrucksmedien ist so ziemlich alles gemeint, solange man sich vorstellen kann, sie zu verwenden – es können Videos, Tonaufnahmen, Performance, Stadtverkehr, Kinderspielzeug, Schatzpläne, gerahmte Sonnenuntergänge, Stadtarchitektur und dergleichen sein. Alles ist möglich. Es hängt von den Interessen, dem Einfallsreichtum und der Respektlosigkeit des Künstlers ab.
Co-opts sind ihrem Wesen nach performativ, allerdings nicht in traditionellem Sinne. Es sind Dinge, die Teilnehmer oder Publikum tun. Der Schöpfer erstellt eine Art Tour durch körperliche Raum-Zeit-Erfahrung, der eine andere Person folgen und diese erleben kann. Auf diese Weise wird Realität als eine Reihe von Aktionen oder machbarer Handlungen erfasst, in einer Welt, in der diese Handlungen zeitgleich verstanden und interpretiert werden. Im Kern werden Co-opts in kreativem Sinne von Interaktion mit dieser Wirklichkeit verstanden, und zwar in genau dem Moment in dem sie hinterfragt, verschoben und interpretiert werden.
Der Workshop besteht aus einer Kombination von praktischen Übungen und theoretischen Diskussionen um diese zu erforschen und festzulegen. Der Fokus liegt auf dem Präsentation und Teilen der von den Teilnehmern geschaffenen Arbeit. Dies wird einem Publikum zugänglich gemacht.
Für einen besseren Einblick zu Co-opts, siehe: www.cabula6.com , “c6 projects” die Werke TRACE, CAFÉ BON BON und THE ANGEL PROJECT.
Für wen ist der Workshop gedacht?
• Choreografen
• Performer
• Kunst-Studenten und Studenten in Post Graduate Programmen
• Studenten oder Künstler für Film und Neue Medien
• Theaterregisseure, die außerhalb des Guckkasten arbeiten
• Historiker (Stadthistoriker)
• Geschichtenerzähler
• Jeden, der während des Spaziergangs durch die Stadt, tagträumt und vorgibt jemand anderer zu sein
• Jeden, der schon einmal so getan hat als wäre er Geheimagent
• Jeden, der in ein Fenster einer Wohnung schaut und versucht sich vorzustellen, wie es wäre dort zu leben
• Jeden, der sich bei einer Städtereise im Traum verliert dort zu leben
• Jeden, der mit einem Walkman durch die Straßen einer Stadt schlendert
• Jeden, der einen großen Unterschied spürt zwischen seinem/ihrem Leben und der Art sich in der Öffentlichkeit geben zu müssen
• Jeden, der eine starkausgeprägte, aktive Fantasie hat oder Rollen- oder andere Spiele mag
• Jeden, der mal daran gedacht hat, etwas Bestimmtes zu tun, es aber nie getan hat
• Jeden, der daran gedacht hat nackt durch die Straßen zu laufen, aber glaubt hierfür einen bestimmten Grund haben zu müssen
Einige der behandelten Themen:
• Erzählstruktur auf körperlicher Ebene
• Geschichtenerzählen durch Sinneswahrnehmung
• Charakterisierung
• hybride Realität: die Grenze zwischen Wahrheit und Erfindung
• buchstäblich versus funktionell
• “Da Sein”: Vertraulichkeit und Päsenz
• Transperenz/Maske
• Führung
• Geschichte des öffentlichen Raumes
• das Spielen
• Verwegenheit / Respektlosigket / Dreistigkeit
Jeremy Xido
Jeremy Xido geboren in Detroit, machte seinen Abschluss cum laude in Malerei und Vergleichender Literaturwissenschaft an der Columbia Universität in New York und erhielt seine Ausbildung im Actor's Studio bei Barbara Poitier, Arthur Penn und Andre Gregory. Ebenso am Alvin Ailey Dance Center in New York bei Earl Mosley, Sasha Waltz, Jordi Cortes, Frey Faust, Ivan Wolfe and Curt Hayworth. Capoeira Angola Ausbildung studierte er bei Mestre João Grande, Mestre Laercio und Mestre Moraes in Brazsilien, New York und Europa.
1998 wurde er Teil des Forums für Junge Theaterkünstler beim Berliner Theater Festival und erhielt 2000 den Fulbright Grant womit er die Kompanie Cabula6 in Barcelona gründete. Er war Artist-in-Residence bei General Eléctrica in Barcelona wo er mit Cabula6 "The Love Project" and "Eixam" schuf. 2003 erhielt er zusammen mit Claudia Heu vom Tanzquartier in Wien den Auftrag, "Trace" zu kreieren, eine Audio-Tour/Theaterstück, das später in New York, Bukarest, Wien und Salzburg (als Teil der Sommerszene gewann es dort den Publikumspreis), Premiere feierte.
Ende 2005 schuf er "Angel Central" als Teil des "Rent an Angel" Projekts des Tanzquartier Wien und 2006 wurde Cabula6 eingeladen, beim Advancing Performing Arts Projekt (APAP), ein EU-Projekt organisiert von 6 europäischen Theatern, teilzunehmen. Während dieser Residency drehte er 6 Dokumentarfilme über die Aufnahme von Kriminalfällen in 6 europäischen Städten. Die Intention dieser Filme ist nicht die detaillierte Darstellung der Fälle, sondern der Versuch von Menschen, diese Geschichten wiederzugeben... zu erzählen was geschehen ist, um herauszufinden, wer diese Leute sind und mit wem sie leben.
2006 entwickelte er gemeinsam mit Claudia Heu "Café Bon Bon" bei einer Residency im Choreografischen Zentrum in Linz (CCL), das bei der Österreichischen Tanzplattform und Tanzquartier Wien zur Premiere gebracht wurde. Ihr Projekt "On Earth" wurde vom Tanzquartier Wien und der UNIACC in Santiago de Chile, in Auftrag gegeben. Es spielte Ende Februar 2007 in einem öffentlichen Bus, der quer durch Santiago de Chile fuhr. Eine weitere Version des Stückes wurde dann im Mai 2007, vom Tanzquartier Wien präsentiert und war eine Co-Produktion mit dem Flüchtlingslager Macondo am Wiener Stadtrand. 2008 wurde er von APAP beauftragt, ein Stück über afrikanische Immigration zwischen Portugal und Angola zu schaffen.
Cabula6 war bereits in ganz Europa, in den USA und Südamerika unterwegs. Als Schauspieler und Tänzer arbeite Jeremy mit Esther Balfe und dem Tanztheater Wien, lawine_torrèn, Laroque Dance Company, Cia Diagonal, CATARACTS, Jay Scheib, dem onnotheater, und beim Maxim Gorki Theater in Berlin unter Regie von Stephan Muelleran. In den USA arbeitete er beim California Shakespeare Festival, Virginia Shakespeare Festival, und der Drama League in New York. Er trat in einigen Filmen auf, wie bei Brad Anderson's „The Machinist”, wie auch in Serien für das BBC in London, TV3 in Barcelona und "Law and Order" in New York. Neben den Dokumetarfilmen Crime Europa series schuf er drei Filme als Filmemacher: "Trace Vienna", "Trace Napoo" und "Monger's Cut."
Jeremy arbeitet derzeit an einem neuen Stück, das "Other People's Pain" heißt und im Oktober 2008 Premiere haben wird.
Jeremy Xido