Hans Van den Broeck
Choreographers' Venture: settlement
Choreographers'Venture
Week 1, 14.7.–18.7.2008
11:00–18:00
Gr.Saal
"Settlement"
a place where humans live
Die Performance „Settlement", so lautet der Titel, wird in einem Zeitraum von 2 Wochen von einer Gruppe professioneller Performer kreiert. Ab dem 1. Tag ensteht aus gefundenem und gesammeltem Material ein Dorf oder eine Siedlung, die allerdings nur für kurze Zeit Bestand haben wird. Ein zenraler Aspekt des Projektes ist der unterschiedliche soziale und altersgemäße Hintergrund der Teilnehmer, dadurch wird die Szenerie des Dorfes realistischer.
Der Begriff „Settlement" steht für ein Konzept aus unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten von subjektiven Perspektiven. Am Ende des Workshops stehen eine oder mehrere Aufführungen vor Publikum. Es handelt sich hier also nicht um einen work-in-progress, sondern um ein gewünschtes Endergebnis. Ziel ist es das gemeinsam erarbeitete Konzept 3 mal hintereinander an einem Abend zu zeigen, um ein Gefühl von echtem Leben und Bestand zu vermitteln.
Das erste Projekt fand im Mai 2007 in Sydney, in den Carriageworks, einem riesigen, alten Bahnhof, der zu einem Veranstaltungsort für zeitgenössische Kunst umgebaut wurde, statt; Produzent war Performance Space; die Subvention kam vom Australischen Kunstkollegium. Publikum und Teilnehmer hatten das Gefühl, dieselbe brutale Realität zu teilen, wobei das Gefühl von „Verlust“ von den Zusehern häufig erwähnt wurde.
Teil der Recherche ist, wie andere Teilnehmer in anderen Kulturen/Umgebungen auf die Idee von „Settlement" reagieren. Das Team des Workshops besteht aus einer Handvoll Künstlern und Performern aus Belgien. Mindestens 15 lokale Künstler verstärken die Gruppe. Diese sind wesentlicher Teil des Workshops dessen Ziel die Aufführung vor Publikum ist. Durch einen detaillierten Arbeitsplan, der schon im Vorfeld erarbeitet wurde, ist es möglich, in der kurzen Zeit von 2 Wochen, zu einem Endprodukt zu gelangen. Das wirklich Spannende an dem Projekt ist, dass je nach Stadt und Teilnehmern der Arbeitsprozess sich jeweils unterschiedlich gestalten wird. Daher ist es Sinn und Zweck den Workshop in verschiedenen Städten zu veranstalten.
Von 14. April bis 5. Mai findet in Harare (Zimbabwe) ein „Settlement" im Rahmen des HIFA-Festivals statt. Ein weiterer folgt von 9. bis 21. Juni gemeinsam mit der Kompanie Artmouv in Bastia (Corsica). Weitere „Settlements" sind in Berlin, Frankreich und Norwegen geplant.
Unser Ziel ist es, wo immer wir auch hingehen ein neues "settlement" zu schaffen
Wir schlugen unser temporäres Camp weit entfernt vom Rest der Welt auf, jenseits des Black Leaky River’s, den niemand sonst überqueren durfte, außer bei einem eindeutigen “Ja” der Mehrheit der Wähler.
Wir schufen ein Film-Set, bauten ein Möchte-Gern-Fertighaus aus Karton, Plastik, Holz und Ästen. Es hielt echten Regentropfen, die auf unsere Dächer prasselten, nicht stand. Wir handelten in Unstetigkeit. Wir sprachen nicht in Worten und schrieen mit Verständnis. Wir entschlossen uns von unserem eigenen Fluss zu trinken. Wir schufen unsere eigenen Regeln und begannen den Ausbrüchen zu trotzen.
Einer nach dem anderen würde unsere Siedlung verlassen. Manchmal würden wir zurückkehren wollen.
Die Regeln
= Erzähle alles Unübliche den anderen
= Wir dürfen den anderen zuliebe nicht lügen
= Wir sollen die Einsamkeit der anderen respektieren
= Wir sollen unsere Gedanken austauschen
= Wir sollen nur soviel mitnehmen, wie wir auf einmal benützen
= Wir sollen mindestens einmal täglich den anderen in die Augen schauen
= Wir sollen mindestens einmal täglich lachen
= Wir müssen einer Person etwas Hörbares sagen, was die anderen alle teilen dürfen
= Wir können eine Regel anfechten, wenn sie unseren Freiheitssinn beeinträchtigt
= Wir sollen unsere Unterhosen verkehrt und links herum tragen
= Wir dürfen in dem Zelt eines anderen ein Schläfchen machen, wenn es offen ist
= Wir sollen rücksichtsvoll sein
= Du sollst den Besen schon in der Hand halten, bevor du in den Küchenbereich gehst
= Gehe nicht in den Unterschlupf eines anderen, ohne zumindest von zweien die Genehmigung erhalten zu haben
= Eine Linie muss vor diesem Punkt gezogen werden
= Niemand kann eine Entscheidung ohne ein Gruppentreffen von 6 Personen fällen
= Keine Ausnahmen für keine Ausnahmeregel
= Gruppenführern muss man in jedem Fall gehorchen
= Wir müssen zusammenarbeiten um den besten Unterschlupf zu erhalten
= Wir sollen sicherstellen, dass das Essen schmeckt
= Wir sollen auf keinen Fall alleine essen
= Wir sollen auf keinen Fall unsere Fähigkeiten verlieren
= Wir sollen nicht übers Wetter jammern
= Wir sollen immer unsere Wäsche zusammenfalten
= Wir sollen mit offenen Augen essen
= Wir sollen am Boden in Richtung Osten liegen
= Wir sollen zum Waschen auf die Sonne warten
= Wir sollen den Fluss nie alleine überqueren
= Wir dürfen dienstags mit der Welt sprechen
= Wir sollen materielle, emotionale und praktische Grenzen beachten
= Wir sollen anderen Angebote erlauben
= Wir sollen lernen zu akzeptieren
= Rollen sollen klar verteilt sein
= Wir sollen unsere Werkzeuge in Umlauf bringen
= Wir sollen Körperwärme ab 18 Uhr anbieten
= Dialoge beginnen
= Zurückgezogenheit berücksichtigen
= Wir sollen die kollektiven Entscheidungen der Siedlung akzeptieren
mehr Informationen siehe: www.soit.info
Hans Van Den Broeck
Hans studierte Psychologie am K.U.Leuven und später Film an der City University in New York.
Er war einer der Mitbegründer der Kompanie Les Ballets C. de la B. (Gent, Belgien) mit dessen Unterstützung er mehrere Stücke kreierte, die intensiv innerhalb und außerhalb Europas auf Tournee waren.
In der Vergangenheit war er als Performer in verschiedenen Produktionen der Kompanie, unter der Regie von Alain Platel: „Alchemie”(1988), „O Boom”(1990), „Mussen”(1991), und „Bonjour Madame” (1994), beteiligt.
1992 schuf er sein erstes Stück „How to approach a dog”, das auf der Erzählung „In Cold Blood” von Truman Capote basiert. Weitere Produktionen sind: „Dick, Ruth & Perry” eine Sound-Performance (1992), „Everyman” (1994), „(They feed we) Eat, Eat, Eat” (1996), „Au progrès" (1998), „La Sortie" (1999), der Kurzfilm „Our circumscribed days”, „Induced sleep" (2000), „Lac des Singes“ (2001).
Im Sommer 2002 gründete Hans Van den Broeck die Kompanie SOIT (STAY ONLY IF TEMPORARY) in Brüssel; in diesem Rahmen entwickelte er Choreografien und führte Regie in Stücken wie „Deed of arrangement” (2003), dem Kurzfilm „Odeur de sainteté” (2003), „Almost Dark” (2004) und „En Servicio" (2006).
Im Mai 2007 wurde SETTLEMENT in den Carriageworks, einem weiträumigen, alten Bahnhof in Sydney (Australien) geschaffen.
Hans arbeitete mit Kaffe Mathews für das Stück „Breakfast" (1995), mit Annis Joslin und Mark Jeffery für das Video „In Case” (1995), mit Yves Opstaele um den Kurzfilm „Eyes on the back” zu drehen, mit Sikay Tang für „Ways of watching“ (1998) eine Video-Installation, für das Stück „Durchgang" (2005) zusammen mit Ellen Meijer und für das Fiction-Video „Alive Too” (2006) mit Abdel Noukrati.
Hans Van den Broeck