SERVICE
“The longer I live, the more deeply I learn that love – whether we call it friendship or family or romance – is the work of mirroring and magnifying each other’s light.”
– James Baldwin
Als Künstler*innen, die sich intensiv mit Ballett beschäftigen und später dem zeitgenössischen Tanz zugewandt haben, begreifen Elizabeth, Kevin und Andrew Ballett heute als eine Form, in der das innere Leuchten der Tänzer*innen oft geschwächt werden kann. In der Auseinandersetzung mit diesem Umstand und in der anhaltenden Faszination für Ballett haben sie jeweils begonnen, Räume zu schaffen, in denen über dieses Spannungsfeld reflektiert werden kann – mit dem Ziel, Ballett als Ort der Transformation zu gestalten: als eine Form, in der innere Vitalitäten gefeiert werden und sich mit dem Ballett verbinden.
Im Rahmen dieses Field Projects werden die Teilnehmer*innen sich gemeinsam mit den ausschließenden und beschränkenden Wirkungen des Balletts auseinandersetzen – und erforschen, was sie sich stattdessen von ihm wünschen. In kleinen und großen Gruppen werden sie erfragen: Können wir das, was wir ins Studio mitbringen – unsere vielfältigen Tanzpraktiken, Körperlichkeiten und Hintergründe – dazu nutzen, Ballett neu oder anders zu gestalten?
Wichtig ist: Diese Recherche ist offen für Dilettant*innen und Profis gleichermaßen. Es gibt Platz für dich – unabhängig davon, welche tänzerische Vorerfahrung du hast. Ziel der einwöchigen gemeinsamen Arbeit ist es, viele Fragen zu stellen und gemeinsam in das Erforschen und gleichzeitig auch Tanzen von Ballett einzutauchen.
Dieser Vorschlag entspringt dem Bad-Ballet-Workshop, den Elizabeth, Kevin und Andrew – auf Einladung der Tanzhistorikerin Anna Leon hin – im Juni 2024 am Tanzquartier Wien – gegeben haben. Gemeinsam erschlossen sie dort ein Forschungsfeld, in dem sich das Handwerk und performative Potenzial des Balletts, Formen der Wissensweitergabe sowie das Repertoire dekonstruieren lassen.
Eine Beobachtung: Mit dem Älterwerden entfernen wir uns – aus unterschiedlichsten Gründen – oft vom spielerischen Erfinden und dem kollektiven Erschaffen fiktionaler Welten. Doch die Sehnsüchte bleiben. Dieses Field Project würdigt den tief empfundenen erotischen Raum, der sich im Wunsch nach dem Erleben alternativer Wirklichkeiten offenbart – und will neue Formen von Beziehung ermöglichen.
Ein Beispiel für das Verschmelzen von Fantasie und Gegenwart: das Adagio – eine Bewegungsgeschwindigkeit, die Langsamkeit praktiziert, um eine Zeitlichkeit zu zeigen, die dem Schlafen ähnelt.
Tanzen im Schlaf, eingehüllt, eine Dehnung von Zeit und Körper.
Die Liebe zum Ballett ist vielleicht unauflösbar – eine Ungewissheit, die diese Recherche begleitet. Denn in der westlichen zeitgenössischen Tanzkultur wird häufig signalisiert, dass wir Ballett nicht lieben sollten – und das aus gutem Grund, da Technik und Spektakel des Balletts historisch viele Menschen, Gemeinschaften und Erscheinungsformen ausschließen. Und doch: Wir lieben das, was in Menschen aufleuchtet, wenn sie Ballett verkörpern und es sich zutiefst aneignen. Gemeinsam wollen wir durch den Schleier von Verallgemeinerungen, Erzählmustern, Vorurteilen und festgeschriebenen Bedeutungen des Begriffs „ballet“ hindurchgehen und die Nuancen einer nicht-virtuosen Verkörperung von Ballett erforschen.
“My favorite performances actually are little kids who are out there jumping around in a performance and they’re all over the place, but there’s something really intact in their spirit. They have a very specific idea of what jumping is. They have no form and that doesn’t really matter. But you can see in their faces and in their timing there’s something really correct about it. And that’s the stuff you don’t want to get rid of when people are learning all this technical information. You can’t get rid of that. You get rid of that and you’ve got nothing.”
– Janet Panetta
Zur Methode: Als Leiter*innen des Projekts ist es unser Wunsch, Praktiken zu entwickeln – choreografisch, kuratorisch und stets sinnlich –, die die normativen Schönheitsideale des Balletts unterbrechen. Gemeinsam wollen wir eine poetische Unterbrechung gestalten und elitäre, exklusive Vorstellungen hinterfragen – indem wir damit experimentieren, wie es ist, Techniken aus dem Ballett, Rituale und Repertoires auf nicht-virtuose Weise zu bewohnen. Ziel ist es, vielfältige Vorstellungen von verkörperter Exzellenz und kollektives Wachstum zu ermöglichen.
Die Gruppe soll ein Ort des Miteinanders sein. Aus einem Raum des Wissens, des Verstehens, der Spontaneität und der Fürsorge heraus wird mit Hingabe gearbeitet. Außerdem wird über Liebe, Differenz, Scheitern und (Ver)Lernen gelesen. Aus dem geteilten Wissen heraus entsteht eine Praxis des Balletts – sowohl im Unterricht als auch in choreografischen Formen (z. B. Reenactments von Repertoire), die aus neu entstehenden Nuancen hervorgehen. Ziel ist es, gegen den Strich von Allegorie, Symbolik und Ideologie des Balletts zu denken und den poetischen Rand dieses Begriffs zu erforschen – jenseits der Ikonografie und ihrer Sprache. Wir heißen euch willkommen in unserer leidenschaftlichen Aufmerksamkeit für Ballettformen und -spektakel.
Das Field Project endet mit einer performativen Podiumsdiskussion, an der u. a. die Ballett-Historikerin Anna Leon teilnimmt. Diese findet am letzten Tag statt, richtet sich an ein kleines Publikum mit geladenen Gästen und ist öffentlich zugänglich.
Für Research Projects ist eine Bewerbung erforderlich.
Bewirb dich jetzt!
Bitte bewirb dich mit einem Motivationsschreiben, das auf folgende Fragen eingeht:
In Zusammenarbeit mit dem Forschungsprojekt The Unlikely Margin, Akademie der bildenden Künste Wien, gefördert vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), Projekt T1336-G.
Elizabeth WardAndrew ChamplinKevin Fay