Vera Mantero
The Thinking Body
© Joao Tuna
Coaching Project
Week 3, 30.7.–3.8.2012
10:00–16:00
VOP 2
The Thinking Body
Vera Manteros Arbeitsweise ist stark verbunden mit ihrem einzigartigen Verständnis der Welt und ihrer politischen und philosophischen Sichtweise. Der Gedanke, die Notwendigkeit und eigentlich fast schon die Verpflichtung zu denken, ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeit. Über unsere Lebensweise, über Gesellschaft und die Systemen, in denen wir leben nachzudenken, bedeutet auch alternative Handlungen zu dieser Lebensweise zu hinterfragen, zu überdenken und damit zu experimentieren. Die Arbeit ist ein Hilfsmittel für das Denken. Dieses Coaching Project richtet sich an TeilnehmerInnen, die ein Interesse am Denken und Philosophieren haben.
Eine hierarchiefreie Sichtweise auf Zusammenhänge ist fundamental. Genau wie die Vorstellung, dass ein einzelnes Individuum weniger imstande ist, eine Vision zu erreichen, als mehrere Individuen, die zusammenkommen um nachzudenken und etwas gemeinsam zu verstehen. Dieser Arbeitsprozess ist nur in Gruppen-Arbeit denkbar.
In der westlichen Kultur ist der Mensch sämtlicher Dimensionen und Existenzen beraubt. Das ist ein Hauptgrund für die kulturelle und wirtschaftliche Krise. Unsere Erfahrungsmöglichkeiten zu erweitern (im Sinne von Zuständen, Vorstellungen und Beziehungen mit der Umgebung, Objekten und Individuen), ist eine wichtige Zielsetzung in der Arbeit. Um es in andere Worte zu fassen: die Politik der Sensibilität, des Geistes und der Erotik; ein Bedürfnis nicht nur nach sozialer, sondern auch nach kreativer Gerechtigkeit.
Entspannung, die Arbeit mit der Stimme, Schreiben, Atmung und freie Assoziation sind nur einige Hilfsmittel in diesem Coaching Project, um die Bewegungen und Aktionen zu finden, die uns innewohnen. Wir werden sie zuerst einzeln erkunden, um sie später in komplexeren und längeren Improvisationen zu verinnerlichen. Es ist wichtig, in spezielle Bewusstseinszustände einzutauchen. Bewusstsein und die Integration des Raumes, das Experimentieren mit Gegenständen und Materialien werden dabei nicht untergehen. Ironie und leere Hände bringen uns weiter.
„Für mich ist Tanz keine Gegebenheit. Ich glaube, je weniger ich daran arbeite, desto näher bin ich dem Tanz. Ich verwende Tanz und Performance-Arbeit, um zu verstehen, was ich verstehen soll. Ich sehe immer weniger Sinn in einem spezialisierten Performer (TänzerIn, SchauspielerIn, SängerIn oder MusikerIn) und sehe immer mehr Sinn in einem speziell ausgebildeten Voll-Performer. Ich sehe das Leben als ein besonders reiches und kompliziertes Phänomen und kämpfe stets gegen die Verarmung des Geistes an, sowohl meines eigenen, als auch den der anderen. Ein Kampf, den ich in diesem Moment der Geschichte für sehr wesentlich halte.“
Vera Mantero studierte klassisches Ballett bei Anna Mascolo und arbeitete zwischen 1984 und 1989 beim Gulbenkian Ballett in Lissabon. Sie begann 1987 eigene Choreografien zu schaffen und sie seit 1991 in Europa, Argentinien, Brasilien, Kanada, Singapur, Süd Korea und den USA zu zeigen.
Ihre wichtigsten choreografischen Arbeiten sind die Solos: „Perhaps she could dance first and think afterwards” (1991), „Olympia“ (1993) und „one mysterious Thing, said e.e.cummings*“ (1996), sowie die Gruppenstücke „Under“ (1993), „For Boring and Profound Sadnesses“ (1994), „Poetry and Savagery“ (1998), „Until the moment when God is destroyed by the extreme exercise of beauty“ (2006) und ihr letztes Stück „We are going to miss everything we don’t need“ (2009).
Vera Mantero nimmt regelmäßig an internationalen Improvisationsprojekten u.a. mit den KünstlerInnen Lisa Nelson, Mark Tompkins, Meg Stuart und Steve Paxton, teil.
Seit dem Jahr 2000 widmet sie sich der Arbeit mit der Stimme, interpretiert das Repertoire verschiedener KünstlerInnen und ist an experimentellen Musikkompositionen beteiligt.
1999 organisierte das Theater Culturgest in Lissabon eine Retrospektive ihres Werkes, namens „Month of March, Month of Vera“, das einen Monat lang präsentiert wurde.
„Eating your heart out“, eine Arbeit mit dem Bildhauer Rui Chafes, repräsentierte Portugal bei der 26. Biennale von São Paulo im Jahr 2004.
2002 erhielt Vera Mantero den Almada Preis (IPAE / Kulturministerium) und 2009 den angesehenen Gulbenkian Kunstpreis für ihre Karriere als Performerin und Choreografin.
www.orumodofumo.com
Vera Mantero