Alain Platel (BE)

les ballets C de la B
Alain Platel & Fumiyo Ikeda & Benjamin Verdonck

BIOGRAFIE

Alain Platel, geb. 1956 in Gent (BE), ist ausgebildeter Heilpädagoge und autodidaktischer Regisseur. 1984 gründete er mit einer Reihe von Freunden und Verwandten eine kleine Gruppe, um im Kollektiv zu arbeiten. Mit „Emma“ (1988) begann seine Arbeit als Regisseur. Er zeichnete verantwortlich für „Bonjour Madame“ (1993), „La Tristeza Complice“ (1995) und „Iets op Bach“ (1998), mit denen les ballets C de la B (wie die Gruppe sich nun nannte) an die internationale Spitze stürmte. Parallel zeitigte seine Zusammenarbeit mit Arne Sierens mit „Moeder en Kind“ (1995), „Bernadetje“ (1996) und „Allemaal Indiaan“ (1999) vergleichbare Effekte für die Ghenter Kinder- und Jugendtheater- Compagnie Victoria. Nach „Allemaal Indiaan“ kündigte Platel an, keine Stücke mehr zu machen. Kurz danach aber überzeugte ihn Gerard Mortier, „Wolf“ (2003), einer Arbeit, die auf Mozart basiert, für die Ruhrtriennale zu kreiieren. Ein Chorprojekt für die Eröffnung des neuen KVS (Koninklijke Vlaamse Schouwburg) markierte den Beginn einer engen Zusammenarbeit mit dem Komponisten Fabrizio Cassol. „vsprs“ (2006) wurde zu einem Umkehrpunkt seiner künstlerischen Laufbahn. Bisher waren die Arbeiten überschwänglich und überbordend, sowohl was die Diversität der Darsteller_ innen als auch die der Themen anlangte; nun wurden sie tiefer, intensiver und brachten eine leidenschaftliche Welt voller Begehren ans Licht. Und voller Gewalt, wie in „Nine Finger“ (2007) mit Benjamin Verdonck und Fumiyo Ikeda. Nach dem barocken „pitié!“ (2008) ist „Out Of Context – for Pina“ (January 2010) eine fast asketische Reflexion von Bewegungsmaterial, das aus Spasmen und Ticks besteht. Platels Suche nach einer Bewegungssprache, die Gefühle verkörpert, die einfach zu gewaltig oder überwältigend sind, hört seither nicht auf. Die Sehnsucht nach etwas, das das Individuum transzendiert, ist mehr und mehr spürbar. In Zusammenarbeit mit dem Regisseur Frank Van Laecke entstand „Gardenia“ (2010), ein Stück inspiriert von dem Film „Yo soy así“, in dem uns die Schließung eines Transvestiten Cabarets in Barcelona einen Einblick in das Privatleben einer bemerkenswerten Gruppe von alten Künstlern gibt. „C(H)OEURS“ (2012), bisher Platels größtes Projekt, wurde wiederum auf Wunsch von Operndirektor Gerard Mortier produziert. Platel begann mit den berühmten Chorszenen aus Verdis Opern, später fügte er Musik von Richard Wagner hinzu. Über Jahre hinweg war die Spannung zwischen der Gruppe und dem Individuum zentrales Thema in Platels Stücken. In „C(H)OEURS“ untersucht er – gemeinsam mit seinen Tänzer_innen und dem Chor des Teatro Real – wie ‚gefährlich schön’ eine Gruppe sein kann. Klar ist aber auch, dass Platel nicht nur an großen Projekten interessiert ist. In der jüngsten Vergangenheit arbeitete er an kleinen Projekten wie „Nachtschade“ (2006 für Victoria) und engagierte sich als Coach z. B. für Pieter und Jakob Ampe und ihre Performance „Jake & Pete’s big reconciliation attempt for the disputes from the past“ (2011). Zwei Projekte, die einen richtungsweisenden Einfluss auf seine Wahrnehmung von Theater hatten. Und beinahe heimlich betrat er schließlich die Arena des Tanzfilms, gemeinsam mit der Britischen Regisseurin Sophie Fiennes („Because I Sing“ 2001, „Ramallah!Ramallah!Ramallah!“ 2005 und „vsprs Show and Tell“ 2007) und alleine mit „de balletten en ci en là“ (2006), einem beeindruckenden Blick auf das, was in einer über 20 Jahre lang bestehenden Tanzcompagnie vor sich geht, der uns bis nach Vietnam und Burkina Faso führt, der aber auch und vor allem eine Ode an seine Heimatstadt Ghent ist.

02.02.2015

© 
        Chris Van Der Burght
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