Wim Vandekeybus (1963) ist ein Choreograf, Tänzer, Filmemacher und Fotograf. Er gründete seine Tanzcompagnie Ultima Vez im Jahr 1987. Mit seiner ersten Performance What the body does not remember gelang ihm ein bemerkenswertes künstlerisches Debüt. Die Performance gewann einen Bessie, eine Auszeichnung für bahnbrechende Arbeiten. Auch sein zweites Stück Les porteuses de mauvaises nouvelles (1989) wurde mit diesem Preis ausgezeichnet. Mit seinem einzigartigen Stil hat Vandekeybus in den letzten Jahrzehnten mit seinen Aufführungen im In- und Ausland Meilensteine in der Entwicklung des modernen Tanzes gesetzt.
Vandekeybus hat eine Bewegungssprache geschaffen, in der er Intuition, Impuls und Instinkt der Energie, dem Risiko und der Gefahr gegenüberstellt, die eine dramatische Weltanschauung voller Dynamik und Konflikt durch das Medium des Tanzes veranschaulicht. Ein zentraler Punkt in seinem Werk ist der unversöhnliche Konflikt zwischen Körper und Geist, Gefühl und Intellekt, Mann und Frau, Natur und Kultur, Mensch und Tier, Gruppe und Individuum, Illusion und Realität. Das Werk von Vandekeybus zeichnet sich durch eine fast obsessive Wiederholung eines einzigen Themas aus: wie der Mensch auf Extremsituationen reagiert. In diesem Zusammenhang legt er besonderen Wert auf das, was er als „den Moment der Katastrophe“ bezeichnet – was ironischerweise nicht ausschließt, dass er Humor, Verspieltheit und sogar eine gewisse scherzhafte Unbeschwertheit in sein Werk einbaut.
Vandekeybus' Performances haben die Form von assoziativen Montagen mit einer Vorliebe für Grenzüberschreitungen zwischen den Disziplinen, die dabei nichts von ihrer tief verwurzelten Autonomie verlieren. Sein Tanz wird auf eine kraftvoll theatralische Weise dargestellt. (Live-)Musik und Video/Film sind nicht nur integraler Bestandteil seiner theatralischen Ausdrucksform, sondern oft sogar die Haupttriebkräfte seiner Performances. Der Choreograf hat auch Kurzfilme für verschiedene Performances geschaffen, von denen einige als eigenständige Werke betrachtet werden können, wie z. B. Blush (2004) und Monkey Sandwich (2013). Vandekeybus drehte auch Galloping Mind (2015), seinen ersten Spielfilm.
Im Laufe der Jahre entwickelte Vandekeybus einen stärkeren Erzählstil, der kohärente Fabeln mit einem breiteren Rahmen präsentiert, die sich oft um Gemeinschaft, Individuen und Konflikte drehen. Seine Performances stellen einen Übergang von Spannungen zwischen Körpern auf einer rein physischen Ebene zu komplexeren Spannungen zwischen Gruppen sowie zwischen Gruppen und Individuen dar. Im Wesentlichen sind und bleiben seine Performances mit der vitalen Energie des Körpers selbst verwurzelt. In diesem Bereich konnte Vandekeybus ein reichhaltiges und vielfältiges Werk schaffen, das nicht nur im Inland, sondern auch international Anerkennung findet.
10.04.2022